Heinrich v. M.

Home
Nach oben

 

 

Heinrich

von Morungen

 

6. Heinrich von Morungen

1. Leitlîche blicke unde grôzliche riuwe (MF 133,13 Moser/Tervooren)

1 Leitlîche blicke und grôzliche riuwe
hânt mir daz herze und den lîp nâch verlorn.
mîn alte nôt die klagte ich für niuwe,
wan daz ich vürhte der schimpfaere zorn.
5 Singe aber ich dur die, diu mich vröwet hie bevorn,
sô velsche dur got nieman mîne triuwe,
wan ich dur sanc bin ze der welte geborn.

2 Maniger der sprichet: "nu sehent, wie der singet!
waere ime iht leit, er taete anders danne sô."
der mac niht wizzen, waz mich leides twinget.
nu tuon aber ich rehte, als ich tet aldô.
5 Dô ich in leide stuont, dô huop sî mich gar unhô.
diz ist ein nôt, diu mich sanges betwinget.
sorge ist unwert, dâ die liute sint vrô.

3 Diu mînes herzen ein wunne und ein krôn ist
von allen vrowen, die ich noch hân gesehen,
schoene unde schoene, diu liebe aller schônist
ist sî, mîn vrowe; des hoere ich ir jehen.
5 Al diu welte si sol durch ir schoene gerne sehen.
noch waere zît, daz du mir, vrowe, lônist.
ich kan mit lobe anders tôrheit verjehen.

4 Stên ich vor ir unde schouwe daz wunder,
daz got schoene an ir lîp hât getân,
sô ist des sô vil, daz ich sihe dâ besunder,
daz ich vil gerne wolt iemer dâ stân.
5 Owê, sô muoz ich vil trûric scheiden dan,
sô kumt ein wolken sô trüebez dar under,
daz ich des schînen von ir niht enhân.


2. Von den elben wirt entsehen vil manic man (MF 126,8 Moser/Tervooren)

1 Von den elben wirt entsehen vil manic man,
sô bin ich von grôzer liebe entsên
von der besten, die ie dehein man ze vriunt gewan.
wil aber sî der umbe mich vên
5 Und ze unstaten stên,
mac si danne rechen sich
und tuo, des ich si bite. sô vreut si sô sêre mich,
daz mîn lîp vor wunnen muoz zergên.

2 Sî gebiutet und ist in dem herzen mîn
vrowe und hêrer, danne ich selbe sî.
hei wan muoste ich ir alsô gewaltic sîn,
daz si mir mit triuwen waere bî
5 Ganzer tage drî
unde eteslîche naht!
sô verlür ich niht den lîp und al die maht.
jâ ist sie leider vor mir alze vrî.

3 Mich enzündet ir vil liehter ougen schîn,
same daz viur den durren zunder tuot,
und ir vremeden krenket mir daz herze mîn
same daz wazzer die vil heize gluot.
5 Und ir hôher muot
und ir schoene und ir werdecheit
und daz wunder, daz man von ir tugenden seit,
daz wirt mir vil übel - oder lîhte guot?

4 Swenne ir liehten ougen sô verkêrent sich,
daz si mir aldur mîn herze sên,
swer dâ enzwischen danne gêt und irret mich,
dem muoze al sîn wunne gar zergên!
5 Ich muoz vor ir stên
unde warten der vröiden mîn
rehte alsô des tages diu kleinen vogellîn.
wenne sol mir iemer liep geschên?


3. Vrowe, wilt du mich genern (MF 137,10 Moser/Tervooren)

Vrowe, wilt du mich genern,
sô sich mich ein vil lützel an.
ich enmac mich langer niht erwern,
den lîp muoz ich verlorn hân.
5 Ich bin siech, mîn herze ist wunt.
vrowe, daz hânt mir getân
mîn ougen und dîn rôter munt.


4. Ich waene, nieman lebe, der mînen kumber weine (MF 138,17 Moser/Terv.)

1 Ich waene, nieman lebe, der mînen kumber weine,
den ich eine trage,
ez entuo diu guote, die ich mit triuwen meine,
vernimt si mîne klage.
5 Wê, wie tuon ich sô, daz ich sô herzeclîche
bin an sî verdâht, daz ich ein künicrîche
vür ir minne niht ennemen wolde,
ob ich teilen unde weln solde?

2 Swer mir des verban, obe ich si minne tougen,
seht, der sündet sich.
swen ich eine bin, si schînt mir vor den ougen.
sô bedunket mich,
5 Wie si gê dort her ze mir aldur die mûren.
ir rede und ir trôst enlâzent mich niht trûren.
swenne si wil, sô vüeret sî mich hinnen
zeinem venster hôh al über zinnen.

3 Ich waene, si ist ein Vênus hêre, die ich dâ minne,
wan si kan sô vil.
sî benimt mir beide vröide und al die sinne.
swenne sô si wil,
5 Sô gêt sî dort her zuo einem vensterlîne
unde siht mich an reht als der sunnen schîne.
swanne ich sî danne gerne wolde schouwen,
ach, sô gêt si dort zuo andern vrouwen.

4 Dô si mir alrêrst ein hôchgemüete sande
in daz herze mîn,
des was bote ir güete, die ich wol erkande,
und ir liehter schîn
5 Sach mich güetlîch an mit ir spilnden ougen,
lachen sî began ûz rôtem munde tougen.
sâ zehant enzunte sich mîn wunne,
daz mîn muot stêt hôhe sam diu sunne.

5 Wê, waz rede ich? jâ ist mîn geloube boese
und ist wider got.
wan bite ich in des, daz er mich hinnen loese?
ez was ê mîn spot.
5 Ich tuon sam der swan, der singet, swenne er stirbet.
waz ob mir mîn sanc daz lîhte noch erwirbet,
swâ man mînen kumber sagt ze maere,
daz man mir erbunne mîner swaere?


5. Si ist ze allen êren ein wîp wol erkant (MF 122,1 Moser/Tervooren)

1 Si ist ze allen êren ein wîp wol erkant,
schoener gebaerde, mit zühten gemeit,
sô daz ir lop in dem rîche umbe gêt.
alse der mân wol verre über lant
5 liuhtet des nahtes wol lieht unde breit,
sô daz sîn schîn al die welt umbevêt,
Als ist mit güete umbevangen diu schône.
des man ir jêt,
si ist aller wîbe ein krône.

2 Diz lop beginnet vil vrouwen versmân,
daz ich die mîne vür alle andriu wîp
hân zeiner krône gesetzet sô hô,
unde ich der deheine ûz genomen hân.
5 des ist vil lûter vor valsche ir der lîp,
smal wol ze mâze, vil fier unde vrô.
Des muoz ich in ir genâden belîben,
gebiutet si sô,
mîn liebest vor allen wîben.

3 Got lâze sî mir vil lange gesunt,
die ich an wîplîcher staete noch ie vant,
sît si mîn lîp ze einer vrowen erkôs.
wol ir vil süezer - vil rôt ist ir der munt,
5 ir zene wîze ebene - verre bekant,
durch die ich gar alle unstaete verkôs,
Dô man si lobte als reine unde wîse,
senfte unde lôs;
dar umbe ich si noch prîse.

4 Ir tugent reine ist der sunnen gelîch,
diu trüebiu wolken tuot liehte gevar,
swenne in dem meien ir schîn ist sô klâr.
des wirde ich staeter vröide vil rîch,
5 daz überliuhtet ir lop alsô gar
wîp unde vrowen die besten vür wâr,
Die man benennet in tiuschem lande.
verre unde nâr
sô ist si ez, diu baz erkande.

6. Owê, - Sol aber mir iemer mê (MF 143,22 Moser/Tervooren)

1 Owê, -
Sol aber iemer mê
gliuhten dur die naht
noch wîzer danne ein snê
5 ir lîp vil wol geslaht?
Der trouc die ougen mîn.
ich wânde, ez solde sîn
des liehten mânen schîn
Dô tagte ez.

2 'Owê, -
Sol aber er iemer mê
den morgen hie betagen?
als uns diu naht engê,
5 daz wir niht durften klagen:
'Owê, nu ist ez tac,'
als er mit klage pflac,
dô er jungest bî mir lac.
Dô tagte ez.'

3 Owê, -
Sie kuste âne zal
in dem slâfe mich.
dô vielen hin ze tal
5 ir trehene nider sich.
Iedoch getrôste ich sie,
daz sî ir weinen lie
und mich al umbevie.
Dô tagte ez.

4 'Owê, -
Daz er sô dicke sich
bî mir ersehen hât!
als er endahte mich,
5 sô wolt er sunder wât
Mîn arme schouwen blôz.
ez was ein wunder grôz,
daz in des nie verdrôz.
Dô tagte ez.'


7. Uns ist zergangen der lieplîch sumer (MF 140,32 Moser/Tervooren)

1 Uns ist zergangen der lieplîch sumer.
dâ man brach bluomen, da lît nu der snê.
mich muoz belangen, wenne sî mînen mummer
welle volenden, der mir tuot so wê
5 Jâ klage ich niht den klê,
swenne ich gedenke an ir wîplîchen wangen,
diu man ze vröide so gerne ane sê.

2 Seht an ir ougen und merkent ir kinne,
seht an ir kele wîz und prüevent ir munt.
Si ist âne lougen gestalt sam diu minne.
mir wart von vrowen so liebez nie kunt.
5 Jâ hât si mich verwunt
sêre in den tôt. ich verliuse die sinne.
genâde, ein küniginne, du tuo mich gesunt.

3 Die ich mit gesange hie prîse unde kroene,
an die hât got sînen wunsch wol geleit.
in gesach nu lange nie bilde alsô schoene
als mîn vrowe; des bin ich gemeit.
5 Mich vröit ir werdekeit
baz danne der meie und alle sîn doene,
die die vogel singent; daz sî iu geseit.


8. Si hât mich verwunt (MF 141,37 Moser/Tervooren)

1 Si hât mich verwunt
recht aldurch mîn sêle
in den vil toetlîchen grunt,
dô ich ir tet kunt,
5 daz ich tobte unde quêle
umb ir vil güetlîchen
munt.
Den bat ich zeiner stunt,
daz er mich ze dienste ir bevêle
und daz er mir stêle
10 von ir ein senftez küssen, sô waer ich iemer gesunt.?

2 Wie wirde ich gehaz
ir vil rôsevarwen
munde
des ich noch niender vergaz!
doch sô müet mich daz,
5 daz si mir zeiner stunde
sô mit gewalt vor gesaz.
Des bin ich worden laz,
alsô daz ich vil schiere wol gesunde
in der helle grunde
10 verbrunne, ê ich ir iemer diende, in wisse umbe waz.

 

 

© Dr. Rüdiger Krüger, Rheda-Wiedenbrück 2006
Kontakt: mailto:siegfriedcarl@hotmail.com
letzte Änderung: 28.05.00

Wichtiger Hinweis zu allen Links dieser Seiten:
Mit Urteil vom 12. Mai 1998 - 312 O 85/98 - "Haftung für Links" hat das Landgericht (LG) Hamburg entschieden, dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der eingebundenen Seite ggf. mit zu verantworten hat. Dies kann - so das LG - nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert.
Ohne auf die Diskussion um dieses Thema im WWW weiter einzugehen, wären wir selbstverständlich übel überrascht, auf den von uns verlinkten Seiten Dinge zu finden, von welchen wir uns ausdrücklich distanzieren müssten!