Walther v. d. V.

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Walther

von der Vogelweide

 

10. Walther von der Vogelweide

1. Aller werdekeit ein füegerinne (L 46,32)

1 Aller werdekeit ein füegerinne,
daz sît ir zewâre, frowe Mâze:
er saelic man, der iuwer lêre hât!
Der endarf sich iuwer niender inne
5 weder ze hove schamen noch an der strâze:
dur daz sô suoche ich, frowe, iuwern rât.
Daz ir mich ebene werben lêret!
wirbe ich nidere, wirbe ich hôhe, ich bin versêret.
ich was vil nâch ze nidere tôt,
10 nû bin ich aber ze hôhe siech: unmâze enlât mich âne nôt.

2 Nideriu minne heizet diu sô swachet
daz der lîp nâch kranker liebe ringet:
diu minne tuot unlobelîche wê.
Hohiu minne reizet unde machet
5 daz der muot nâch hôher wirde ûf swinget:
diu winket mir nû daz ich mit ir gê.
Mich wundert wes diu mâze beitet.
kumet diu herzeliebe, ich bin iedoch verleitet.
mîn ougen hânt ein wîp ersehen,
10 swie minneclîch ir rede sî, mir mac wol schade von ir geschehen.


2. Ir vil minneclîchen ougenblicke (L 112,17)

1 Ir vil minneclîchen ougenblicke
rüerent mich alhie, swann ich si sihe,
in mîn herze, owê sold ich si dicke
sehen, der ich mich für eigen gihe!
5 Eigentlîchen dien ich ir:
daz sol si vil wol gelouben mir.

2 Ich trag inme herzen eine swaere
von ir die ich lâzen niht enmac,
bî der ich vil gerne tougen waere
beide naht und ouch den liehten tac.
5 Des enmac nû nicht gesîn:
ez enwil diu liebe frouwe mîn.

3 Sol ich mîner triuwe alsust engelten
sonsol niemer man getrûwen ir.
sie vertrüege michels baz ein schelten
danne ein loben, daz geloubet mir.
5 Wê war umbe tuot si daz,
der mîn herze treit vil kleinen haz?


3. Hêrre got, gesegene mich vor sorgen, (L 115,6)

1 Hêrre got, gesegene mich vor sorgen,
daz ich vil wünneclîche lebe.
wil mir ieman sîne fröide borgen,
daz i'm ein ander wider gebe?
5 Die vind ich vil schiere ich weiz wol wâ.
wan ich liez ir wunder dâ.
der ich vil wol mit sinnen
getriuwe ein teil gewinnen.

2 Al mîn fröide lît an einem wîbe,
der herze ist ganzer tugende vol;
und ist sô geschaffen an ir lîbe
daz man ir gerne dienen sol.
5 Ich erwirbe ein lachen wol von ir.
des muoz sie gestaten mir,
wie mac sie ez behüeten,
in fröwe mich nâch ir güeten.

3 Als ich under wîlen zir gesitze
sô si mich mit ir reden lât,
sô benimt si mir sô gar die witze,
daz mir der lîp alumme gât.
5 Swenne ich iezuo wunder rede kan:
gesihet si mich einest an
sô hân ich ez vergezzen,
waz wolde ich dar gesezzen.


4. Herzeliebez frouwelîn (L 49,25)

1 Herzeliebez frouwelîn,
got gebe dir hiute und iemer guot!
Kund ich baz gedenken dîn,
des hete ich willeclîchen muot
5 Waz mac ich dir sagen mê,
wan daz dir nieman holder ist? owê da von ist mir vil wê.

2 Sie verwîzent mir daz ich
sô nidere wende mînen sanc.
Daz si niht versinnent sich
waz liebe sî, des haben undanc!
5 Sie getraf diu liebe nie.
die nâch dem guote und nâch der schoene minnent, wê wie minnent
die?

3 Bî der schoene ist dicke haz,
zer schoene niemen sî ze gâch.
Liebe tuot dem herzen baz,
der liebe gêt diu schoene nâch.
5 Liebe machet schoene wîp.
desn mac diu schoene niht getuon, sin machet niemer lieben lîp.

4 Ich vertrage als ich vertruoc
und als ich iemer wil vertragen.
Dû bist schoene und hâst genuoc,
waz mugen si mir dâ von gesagen?
5 Swaz si sagen, ich bin dir holt.
und nim dîn glesîn vingerlîn für einer küneginne golt.

5 Hâst dû triuwe und staetekeit,
sô bin ich dîn âne angest gar
daz mir iemer herzeleid
mit dînem willen wider var.
5 Hâst ab dû der zweier niht,
so müezest dû mîn niemer werden. owê danne, ob daz geschiht.


5. Under der linden an der heide (L 39,11)

1 Under der linden an der heide,
dâ unser zweier bette was,
Dâ mugt ir vinden schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
5 Vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc die nahtegal.

2 Ich kam gegangen zuo der ouwe,
dô was mîn friedel komen ê.
Dâ wart ich enpfangen, hêre frouwe,
daz ich bin saelic iemer mê.
5 Kust er mich? wol tûsentstunt,
tandaradei,
seht wie rôt mir ist der munt!

3 Dô het er g(e)machet alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
Des wirt noch g(e)lachet inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
5 Bî den rôsen er wol mac,
tandaradei,
merken wâ mirs houbet lac.

4 Daz er bî mir laege, wessez iemen
(nû enwelle got!), sô schamt ich mich.
Wes er mit mir pflaege niemer niemen
bevinde daz wan er unde ich,
5 Und ein kleinez vogellîn,
tandaradei,
daz mac wol getriuwe sîn.

6. "Nemt, frowe, disen kranz" (L 74,20)

1 "Nemt, frowe, disen kranz",
alsô sprach ich zeiner wol getânen maget.
"Sô zieret ir den tanz
mit den schoenen bluomen, als irs ûffe traget.
5 Het ich vil edele gesteine.
daz müest ûf iur houbet,
obe ir mirs geloubet:
seht mîn triuwe, daz ichz meine."

2 "Ir sît sô wol getân,
daz ich iu mîn schapel gerne geben wil,
so(i)chz aller beste hân:
wîzer unde rôter bluomen weiz ich vil.
5 Die stênt sô verre in jener heide.
dâ si schône entspringent
und die vogele singent,
dâ suln wir si brechen beide."

3 Si nam daz ich ir bôt
einem kinde vil gelîch daz êre hât.
Ir wangen wurden rôt,
same diu rôse, dâ si bî der liljen stât.
5 Do (e)rschampten sich ir liehten ougen:
doch neic si vil schône.
daz wart mir ze lône:
wirt mirs iht mêr, daz trage ich tougen.

4 Mich dûhte daz mir nie
lieber wurde, danne mir ze muote was.
Die bluomen vielen ie
von dem boume bî uns nider an daz graz.
5 Seht dô muost ich von fröiden lachen.
do (i)ch sô wünneclîche
was in troume rîche,
dô taget ez und muos ich wachen.

5 Mir ist von ir geschehen,
daz ich disen sumer allen meiden muoz
vast under dougen sehen:
lîhte wirt mir einiu, sô ist mir sorgen buoz.
5 Waz obe si gêt an disem tanze?
frowe dur iur güete
rucket ûf die hüete:
owê gsaehe ichs under kranze!


7. Sie wunderwol gemachet wîp (L 53,25)

1 Sie wunderwol gemachet wîp,
daz mir noch werde ir habedanc!
ich setze ir minneclîchen lîp
vil werde in mînen hôhen sanc.
5 Gern ich in allen dienen sol,
doch hân ich mir dise ûz erkorn.
ein ander weiz die sînen wol,
die lob er âne mînen zorn.
hab ime wîs unde wort
10 mit mir gemeine: lob ich hie, sô lob er dort.

2 Ir houbet ist sô wünnenrîch,
als ez mîn himel welle sîn.
wem solde ez anders sîn gelîch?
ez hât auch himeleschen schîn.
5 Dâ liuhtent zwêne sternen abe,
dâ müeze ich mich noch inne ersehen,
daz si mirs alsô nâhen habe!
sô mac ein wunder wol geschehen.
ich junge, und tuot si daz,
10 und wirt mir gernden siechen seneder sühte baz.

3 Got hât ir wengel hôhen flîz,
er streich sô tiure varwe dar,
sô reine rôt, sô reine wîz,
hie roeseloht, dort liljenvar.
5 Ob ichs vor sünden tar gesagen,
sô saehe ichs iemer gerner an
dan himel oder himelwagen.
owê, waz lob ich tumber man?
mach ich si mir ze hêr,
10 vil lîhte wirt mîns mundes lop mîns herzen sêr.

4 Si hât ein küssen, daz ist rôt,
gewünne ich daz für mînen munt,
sô stuende ich ûf von dirre nôt
unt waere ouch iemer mê gesunt.
5 Swâ si daz an ir wengel legt,
dâ waere ich gerne nâhen bî:
ez smecket, sô manz iender regt,
alsam ez vollez balsmen sî.
daz sol si lîhen mir.
10 swie dicke sô sîz wider wil, sô gibe ichz ir.

5 Ir kel, ir hende, ietweder fuoz,
daz ist ze wunsche wol getân.
ob ich da enzwischen loben muoz
sô waene ich mê beschowet hân.
5 Ich hete ungerne "decke blôz!"
gerüefet, do ich si nacket sach.
si sach mich niht, dô si mich schôz,
daz mich noch sticht als ez dô stach,
swann ich der lieben stat
10 gedenke, dâ si reine ûz einem bade trat.

 

© Dr. Rüdiger Krüger, Rheda-Wiedenbrück 2006
Kontakt: mailto:siegfriedcarl@hotmail.com
letzte Änderung: 28.05.00

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