Kleine Proben

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Die Liebe

Dein Herz

Dein Herz wie eine Glocke hängt
Dir stumm seit Jahren in der Brust;
Nun klopft's daran - zu läuten fängt
Sie an - o schaurig süße Lust!

 

Sie

Wie wunderbar dein stilles Wesen,
Du zarter Engel, mir erscheint!
Wie viel gibt mir dein Aug' zu lesen,
Das blickt, als hätt' es nie geweint:
Ein Himmel tief verhaltner Wonne,
Der, wenn der Liebe Stimme ruft,
Hervorbricht wie die Morgensonne,
Er glänzt und haucht mich an wie Duft.

Wie schön ist's, Schlafende betrachten,
Und ihre Wangen roth und warm,
Auf ihrer Mienen Spiel zu achten,
So friedlich lächelnd, ohne Harm!
Ein halbes Wort, dann träumst du weiter,
Du rührst dich schnell, dann wieder Ruh';
Dein Antlitz schimmert ruhig heiter -
Noch hat dein Herz die Augen zu.

Ich mag' es, deinen Schlaf zu stören;
Doch tief im Innern thut mir's weh,
Zu raschen Wellen zu empören
Der Seele spiegelglatten See.
Und doch, mich zieht es dir zu Füßen,
Ich flüstre dir in's Ohr: sei mein!
Ich kann nicht mehr, ich muß dich küssen,
Mein Kind, und kannst du mir's verzeih'n?

 

Mein

Als ich zum erstenmal die Flammen,
Die mich durchzuckten, dir gestand,
Da fuhr es wie ein Wetterschein
Dir über's Antlitz; Haupt und Hand
Erzitterten, du fuhrst zusammen:
Dann warst du still - dann warst du mein!

 

Die schlugst die Augen sittsam nieder.

Du schlugst die Augen sittsam nieder,
Und Glut bedeckte Stirn und Wange,
Ein Beben fuhr durch deine Glieder:
Ich sah dir's an, dir war so bange;

So bange, wie dem scheuen Kinde,
Das niemals noch ein Schiff bestiegen;
Und doch wie süß, im Morgenwinde
Sich auf der Liebe Kahn zu wiegen!

Und wie wir kaum zusammensaßen,
Da schlugst du herzhaft in die Hände;
Indem wir froh die Flut durchmaßen,
Nahm Händedruck und Kuß kein Ende.

 

Stille Stunden

Die Lieb' hat stille, heilge Stunden,
Da sitzt sie fromm entzückt, allein,
Und auf den Schatz, den sie gefunden,
Beugt sie sich demuthsvoll herein.
O stört sie nicht, o naht ihr nicht:
Wenn euer Mund ein Wörtchen spricht,
So ist der Schatz verschwunden!

 

Natur

Die Alpenrose.

Die Tage, wo ich mich herausgetastet
Allmählich aus zertrümmerten Gemäuern,
Wo eine Welt voll schönen Abenteuern
Ich vor mir sah, der müde sich gerastet;

Die Tage, wo ich neu mein Schiff bemastet,
Um auf des Lebens Höh'n hinauszusteuern,
Wo in des Morgens, in des Abends Feuern
Ich allen Wust verbrannt, der mich belastet:

Die Tage, wo ich auf den Alpenvesten
Entzückt gestanden, bei dem Sturmgetose
Der Wasserfälle, bei den Eispalästen -

Von all der Pracht, was haben nun die Loose
Zu retten mir vergönnt an Ueberresten? -
Ein Liederheft und diese Alpenrose.

 

Die Topfblume

In ihrem Topf von Porcellan
Mit goldnen Arabesken geschmückt,
Wie schaut die Blume mich traurig an,
Wie trägt sie ihr sieches Haupt gebückt.

Sie denkt zurück an des Baches Rand,
Wo sie von Schmetterlingen umkost
Inmitten blühender Schwestern stand,
Und hat für's Heimweh keinen Trost.

 

Politisches

Schon wieder

"Schon wieder politische Reimerei?
Welch frecher Zeitvertreib.
Unheimlich wird Einem ganz dabei:
Bleibt uns damit vom Leib!"

Ein Rheinsturz braust die Zeit daher
Und rüttelt, was sie faßt!
Nicht wahr, ein dünner Staubbach wär'
Euch minder schon verhaßt"

 

Predigt

Das Pfäfflein schrie und polterte sehr,
Als ob Gott selber am Sterben wär',
Zerrissen von radikalen Wölfen,
Und er allein, er könnt' ihm helfen.
Pfäfflein erhitze dich nicht so sehr
Mit Höllenflammen und ewiger Rache -
Wenn noch so absurd der Fürsprech wär',
Absurd ist darum nicht die Sache.

 

Die List der Idee.

Es hatt' einst Hegel die gute Idee,
Die List der Idee zu entdecken.
Die nimmt der Gegenwart ihr Weh,
Der Zukunft ihre Schrecken.

Die Idee, zum Kukuk , Sie hat kein Nest,
Drum muß sie die Eier legen
In fremde Nester - von Dummen läßt
Und Schlechten die Jungen sie pflegen.

Die Herrn Stiefeltern strengen sich an,
Die gewaltige Brut zu füttern.
Die wächst und wirft Stiefbrüder sodann
Hinaus sammt Vätern und Müttern.

 

1849

Er schlug mit dem Hammer, der alte Thor,
Im Grunde bebte die Erde,
Da hob von der Weide den Kopf empor
Und stutzte die grasende Herde.

Sie ward unruhig, sie schlug und schrie,
Ein Donnerschlag, ein zweiter ...
Da bückte sich das liebe Vieh
Und graste ruhig weiter!

 

Identität

Thron und Altar,
Kron' und Talar;
Kanzel und Kanzlei -
Alleinerlei!

 

Verkennung

Verstoßt uns nur, verhöhnt uns nur,
Das muß ja bald verwehen.
Wir kommen nicht zu ernten her,
wir kommen, um zu säen.

 

Die Forelle

Im perlenden Bach, in der tosenden Flut,
Die über die Felsen und Kiesel schäumt,
Da haust die Forelle wohlgemuth,
Da spielt sie lustig und aufgeräumt.

Bringt sie ins Wasser still und stet,
Sie wird sich darein nicht schicken,
Und wenn ihr wieder nach ihr seht,
Da liegt sie auf dem Rücken.

 

Es kam ein seltsam Kind zur Welt.

Es kam ein seltsam Kind zur Welt,
Der Genius der Zeit geheißen;
Kaum daß er sich ein Bischen hier gefällt,
Da wollen sie hinaus ihn schmeißen.
Sie laufen, und besehn das Wickelkind,
Und Onkel, Vettern, Tanten, Basen schnattern;
Und wie sie so beisammen sind,
Da frag' ich: Wertheste Gevattern,
Ei, sagt mir doch: was dünkt euch von dem Kind?
Da wird der Lärm entsetzlich wild,
Wie wenn zehntausend Spatzen flattern:
"Der Wechselbalg, das Mißgebild,
Umbringen muß man's, gleich spartan'schen Müttern
Umbringen - oder todt es füttern.
Seht ihr im Aug' die böse Flamme,
Die Fäustchen, wie sie schon sich ballen?
Jetzt steht es auf, und schlägt nach seiner Amme ..."
Die Einen jammern, Andre lachen,
Wie sich das Kind in seinem Kissen sträubt:
"Was wird uns noch der Balg für Sorgen machen,
Wenn ihm nicht ein erfahrner Pädagog,
Der nie durch Nachsicht noch ein Kind verzog,
Die Unart radikal vertreibt!"
Und Einer sprach zu Frankenfurt,
Allwo es oft dergleichen Seufzer regnet:
"Ich wollt', es hätte gleich in der Geburt
Die junge Zeit das Zeitliche gesegnet!"

 

© Dr. Rüdiger Krüger, Rheda-Wiedenbrück 2006
Kontakt: mailto:siegfriedcarl@hotmail.com
letzte Änderung: 26.03.00

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