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Die Familie Seeger
Ludwig Seeger ist ein echtes Kind des Nordschwarzwaldes.
Der Vater Ludwig Seeger gehört als Präzeptor und Reallehrer in Wildbad ( *29.
August 1776, Schwann +8.
März 1843, Wildbad) zu den Honoratioren, ebenso wie die Mutter Friedericke
Gottliebin Seeger (*26.
Dezember 1778 +27.
Februar 1841, Eheschließung am 21. Oktober 1804 in Wildbad); sie ist die
Tochter des Wildbader Diakonus Wilhelm Heinrich Zeller, der von 1768-80 sein
Amt, in Wildbad - inkl. der selbständigen Gemeinden Calmbach und Höfen -
versah, bis er Pfarrer in Rothfelden wurde.
Die Seegers stammen von der Hochfläche zwischen dem oberen Enz-
und Nagoldtal. Die Vorfahren lassen sich bis in das 16. Jahrhundert
zurückverfolgen. Der Stammvater Konrad Seeger kann mit seinem Sterbejahr 1571,
dessen Nachfahren Hans Seeger ( *1535
+1608), Konrad Seeger
(*6. April
1561 +1635) und
dessen gleichnamiger Sohn Konrad Seeger (*2.
Mai 1609 +25 Februar
1662) in Martinsmoos, und in der nächsten Generation Johann Georg Seeger (*29.
Mai 1657 +19. Januar
1733) in Gaugenwald nachgewiesen werden. Sie sind Bauern und Wirtsleute, und da
und dort nimmt jemand aus der Familie nebenher das Schultheißenamt wahr. Der
Urgroßvater Ludwig Seegers, Johann Georg Seeger (*4.
April 1689, Gaugenwald +12.
Dezember 1751, Schwann) heiratet am 21. Mai 1715 in die Bäckerfamilie Stiess in
Schwann ein und eröffnet dort eine Wirtschaft, die der Sohn Konrad Seeger (*24
März 1740 +28.
August 1782, Schwann) als Metzger und Ochsenwirt fortführt. Dessen Sohn Ludwig,
Vater unseres Ludwig Seeger, wird 1803 Lehrer in Wildbad und 1809 zum Reallehrer
befördert.
Der älteste Sohn, nach dem Vater Ludwig und nach dem
württembergischen Königshaus Wilhelm Friederich genannt, wird für die
theologische Laufbahn vorgesehen. Die Eltern legen großen Wert auf eine
standesgemäße Erziehung und Berufswahl der Söhne und eine wenn möglich gute
Partie für ihre Töchter, die sich wie ihre Brüder - sofern sie heirateten -
mit angesehenen württembergischen Familien verbanden.
Bleiben wir noch ein wenig bei Ludwig Seegers Familie, da die
Beziehungen ein interessantes Schlaglicht auf das ausgehende 18. und die erste
Hälfte des 19. Jahrhunderts werfen.
Ludwig Seeger hat drei ältere Schwestern und eine jüngere, am
6. Juli 1818 geboren und nur vier Monate alt geworden, sowie drei jüngere
Brüder, alle in Wildbad geboren und aufgewachsen:
Die Älteste, Luise Friedericke Seeger ( *12.
August 1805 +29.
August 1883), heiratet 1831 den bekannten Stuttgarter Professor Christian Daniel
Kielmeyer (*24.
März 1794 +30. Juni
1876) als dessen 2. Frau und lebt mit diesem und ihren beiden Söhnen in
Stuttgart.
Die Zweite, Wilhelmine Regine Seeger ( *14.
Februar 1807 +21.
August 1855), bleibt unverheiratet und lebt bis zum Tod der Eltern in Wildbad,
danach zieht sie nach Stuttgart, in die Nähe ihrer beiden jüngeren Brüder
Ludwig und Adolf in Stuttgart.
Die jüngste der drei älteren Schwestern, Friedericke Henriette
Seeger ( *7.
November 1808 +8.
September 1872, Stuttgart), heiratet am 15. September 1840 den späteren
Wildbader Stadtschultheiß (1846) Oskar Friedrich Seeger (*20.
Juli 1811 bei Paris +6.
Dezember 1848, Ravensburg). Der früh verstorbene Ehemann entstammt der
jüngeren Walddorfer Seeger-Linie, die berühmte Schwaben hervorgebracht hat.
Sein Vater ist der Pariser Legationssekretär Johann Christoph Friedrich von
Seeger, der Großonkel gar der legendäre Generalleutnant und Intendant der
Karlsschule (von der Gründung 1770 als Erziehungsanstalt für arme
Soldatenkinder, über die Umwandlung zur Militärakademie 1773 und als
Landesuniversität 1781, bis zur Aufhebung 1894) in Stuttgart, zu dessen
Zöglingen auch Friedrich Schiller zählte.
Gustav Wilhelm Heinrich Seeger ( *9.
Mai 1812 +8.
September 1856), der jüngere Bruder, heiratet am 27. August 1840 Franziska
Seeger, geb. Sigelen (*12.
Mai 1811 +14.
November 1856) und lebt mit ihr und der einzigen Tochter Pauline als Kaufmann in
Wildbad.
Adolph Wilhelm Seeger ( *13.
Mai 1815 +15.
September 1865), in erster Ehe verheiratet mit Pauline Seeger, geb. Fischer aus
Tübingen (*27.
Juli 1819); nach deren frühem Tod (+13.
Februar 1848) heiratet er deren sieben Jahre jüngere Schwester Luise (*11.
Mai 1862). Beide Schwestern entstammen einer der bedeutendsten Tübinger
Familien, die unter anderem mit Ludwig Uhland engen Kontakt pflegte. Mit beiden
Frauen hat er je einen Jungen und ein Mädchen. Adolph Seeger, promovierter
Jurist und Rechtsanwalt in Stuttgart, wäre eine eigene Abhandlung wert. Als
Richter, Regierungsrat, Stadtdirektor in Stuttgart (in den politisch wichtigen,
ja entscheidenden Jahren 1848/49, und ab 1850 als freischaffender Anwalt, war er
der politischste Kopf der Familie Seeger. 1848 bis zu seinem Tod war er mit
Ausnahme der Jahre 1856-61 Mitglied der Württembergischen Landesversammlungen
und des Landtags, zuerst für Neuenbürg und am Ende für Freudenstadt, also
stets für seine nordschwarzwälder Heimat. Er war mehrere Jahre Führer der
liberalen Partei Württembergs und kämpfte mit seinem Bruder Ludwig für die
Einigung Deutschlands und gegen den Partikularismus der Kleinstaaten. Sein
soziales Engagement und sein juristischer wie kaufmännischer Sachverstand
machten ihn zum Mitgründer und Rechtsrat der Lebensversicherungs- und
Ersparnisbank in Stuttgart. Damit gilt er als ein Wegbereiter des modernen
Sozialversicherungswesens.
Der jüngste Bruder Eduard Heinrich Paul Seeger ( *23.
Februar 1821 +19.
März 1845), ein Nachkömmling, stirbt als stud.iur. ledig.
Alle Söhne und Töchter des Wildbader Reallehrers Ludwig Seeger
strebten hoch hinaus. Die derbe, ja manchesmal polternde Art, aber auch die
Liebe zur Heimat und die bei allen festzustellende Sprachbegabung haben sie vom
Vater, die musisch-lyrischen Züge und das vehemente soziale Engagement rührt
von der Mutter her. Bei allen politischen, wissenschaftlichen und poetischen
Höhenflügen blieb jedoch eine stete Verwurzelung in der württembergischen
Heimat. Hochmut war nicht der Fall der Seegers, und wenn man polterte, sich
wehrte und stritt, so stets gegen eine ungerechte Herrschaft, stets für die
Unterdrückten, Entrechteten und Armen.
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